Feinwerkbau 300S Universal: Eierlegende-Wollmilchsau
- PelletPanda
- 10. Nov. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Feb.

Gegen die Diana 56 Target Hunter tritt ein alter Klassiker an, an dem im Match-Bereich prellschlagfreier Gewehre seit Jahrzehnten kein Weg vorbeigeht. Es gibt sie in allerlei Varianten und sie ist irgendwie auch ein Schweizer Taschenmesser. Liebevoll nenne ich sie mit Vorschusslorbeeren „die Mutter“ der Präzision.

Darf ich mich vorstellen:
Feinwerkbau 300S Universal
Kaliber 4,5mm Diabolo
Einzellader, Seitenhebelspanner
Serie < 7,5J
Individuell:
TEC HRO Integral Handstütze o.ä.
Gehmann Schaftkappe, verstellbar
Schaftkappenverlängerung und Schaftbackenerhöhung (Eigenbau)
Laufabschluss von DRW
Vector Optics Sentinel-X 10-40x50 SFP Zielfernrohr
Vector Optics Parallaxerad
UTG-Montageschiene mit Vorneigung
An dem Setup können Kenner bereits unschwer erkennen wofür die 300S zzt. verwendet wird. Ganz genau, Field Target Klasse 5. Im Test habe ich mit einem einfachen Zielfernrohr geschossen zwecks Vergleichswerten, später dann eine Field Target-geeignete Optik nachgerüstet und das Gewehr entsprechend eingemetert, daher die Aufkleber an Rad und Turm.

Aber fallen wir nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern starten am Anfang.
Die 300S ist ein altes Gewehr. Dieses Gerät wurde allerdings über die Jahre bestens gepflegt und erst jüngst gewartet, ich würde mich also aus dem Fenster lehnen und behaupten sie schießt wie am ersten Tag. Was schießt man damit? Theoretisch ist alles möglich, von 10m nach DSB bis 50m Field Target oder Benchrest auf 25m. Eine wahre Allzweckwaffe, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich kann nicht umher festzustellen, dass man ihr das Alter schon ansieht, keine Frage. Traditioneller Holz-Match-Schaft und insgesamt optisch eher kantiger als geschwungen elegant. Dennoch finde ich diese Variante nicht gänzlich unelegant, und das liegt auch an der Bauart „Universal“ mit dem geneigten Vorderschaft, vorne zusammenlaufend, und mit Maserung für besseren Halt. Auch hat diese 300S die verstellbare Schaftbacke. Neben all den Standard-Varianten sich eine der gesuchtesten.

Das Thema Match-Schaft bringt uns auch gleich zur Ergonomie. Mir liegt die 300S wie angegossen, der Schaft wurde wirklich fantastisch und pro-Schütze konstruiert. Alles sitzt genau da wo ich es gerne hätte, nicht zu hoch, nicht zu tief, oder eben perfekt individuelle einstellbar. Hier zeigen sich sofort und auf einen Schlag die Vorzüge von Match-Schäften. Und nach der Diana 56 Target Hunter fühlt sich das für mich an wie ein Wohlfühlprogramm.


Gewicht. Die 300S ist deutlich leichter als die 56 TH. Deutlich. Und das heißt nicht sie ist leicht. Die 56 TH ist einfach nur verrückt schwer. Für meinen Geschmack trifft die 300S den Gewichts-SweetSpot, herrlich ausbalanciert. Was mir sofort auffällt: die Feinwerkbau liegt mit weniger Gewicht signifikant stabiler im Anschlag als die 56 TH.
Prellschlagfrei sind beide Gewehre, wenn man bei Schussabgabe etwas spürt, dann eher noch bei der 56 TH. Das sich bewegende System habe ich aber bei keiner der beiden Waffe als störend empfunden.
Jetzt ein wenig Kontrastprogramm zur 56 TH in zwei Akten:
Der Abzug der 300S mag Jahrzehnte alt sein, ist aber wohl immer noch einer der besten am Markt. Multipel einstellbar habe ich mir einen minimalen Vorweg, einen klar definierten Druckpunkt und ein sehr geringes Abzugsgewicht eingestellt. Traumhaft. Und wer schon länger mitliest weiß: die Qualität des Abzugs hat signifikanten Anteil an dem Präzisionspotential einer Waffe.

Bei der 300S dann auch die gegenteilige Beobachtung zur 56 TH. Der Spannvorgang über den seitlichen Hebel fühlt sich super leicht und flockig an. Hätte ich raten müssen hätte ich auf maximal 6-6,5J getippt. Pustekuchen. Schaut euch mal die Daten weiter unten unten, deutlich über 7J.
Schauen wir uns nun die Leistungswerte an.
Die LGV mochte besonders folgende Diabolos:
JSB Exact Express, 0,51g, 4,5mm
Mit diesen habe ich folgende Leistungsdaten ermittelt:
10 Schuss
Durchschnitt 7,72J
Durchschnitt 174,13 m/s
Konsistenz 5,67 m/s
Abweichung vom Mittelwert 1,90 m/s
Kraftvoll. Bei Konsistenz und Abweichung vom Mittelwert muss sich die 300S allerdings der 56 TH geschlagen geben.
Auf den verschiedenen Distanzen habe ich dann folgende Ergebnisse dokumentiert:
Distanz | Diabolo | Hitbox / Streukreis | Location / Wetter | Anschlag | Optik |
---|---|---|---|---|---|
10m | JSB Exact Express 0,51g 4,5mm | 8x6mm | Indoor | Sitzend, vorne aufgelegt | Vector Optics 40x50 |
25m | JSB Exact Express 0,51g 4,5mm | 13x13mm | Outdoor, leichter Wind | Sitzend, vorne aufgelegt | Vector Optics 40x50 |
Platz 5 auf 10 und 25m. Bedenkt man jetzt das Alter der Waffe, ihre Technik, und wer sich sonst so auf den ersten Plätzen tummelt muss ich da den Hut ziehen. Ein fantastisches Ergebnis.
Komme ich jetzt mit dem Preis (um die EUR 350 auf dem Gebrauchtmarkt) und der Tatsache um die Ecke, dass Ersatzteile gut zu bekommen sind, warum muss ich dann doch gleich tausende Euro für ein neues Match- oder Field Target-Gewehr ausgeben?
Über das Aussehen kann man sicherlich streiten und ja, sie dürfte etwas moderner aussehen. Aber letztlich zählen die Ergebnisse und da ist sie eben immer noch „die Mama“ und vermittelt mir die entsprechende Emotion für entsprechenden Spaßfaktor.
Fazit: Eierlegende-Wollmilchsau.

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